Apotheker profitieren von der Rabattschlacht der Großhändler

von Gastautor

Der Gesundheitsmarkt ist weiterhin von Veränderungen geprägt, die wichtige Fragestellungen aufwerfen: Wie bewerten Hersteller und Apotheker die deutsche Großhandelslandschaft? Wie ist die Sicht von pharmazeutischer Industrie und Apothekern auf den Apothekenversandhandel? Welche Unternehmen und Apothekenkooperationen
sind gut aufgestellt? Wie nimmt der Apothekenkunde den Markt wahr?

Vor diesem Hintergrund führte SEMPORA Consulting im Frühjahr 2013 zum zehnten Mal eine Befragung zum Apothekenmarkt durch, um die Meinungen von 192 Apothekern, 50 Entscheidern aus Pharmaunternehmen sowie 600 Konsumenten einzuholen. Der deutsche Gesundheitsmarkt wird auch weiterhin stark von regulativen Einflüssen, Kostenund Preisdruck geprägt. 70% der befragten Verbraucher gaben an, dass ihre Ausgaben für Gesundheitsversorgung in den letzten Jahren gestiegen sind und nahezu 90% der Befragten empfinden die Preise in Apotheken als zu hoch. Jeder zweite Verbraucher ist der Meinung, dass Apotheken eine Absenkung der Arzneimittelpreise verhindern. Tatsächlich planen seitens der Apotheker lediglich 11% - und damit deutlich weniger Apotheker als noch im Vorjahr (23%) – ihre Preise von OTC-Produkten zu senken.

Um den steigenden Gesundheitsausgaben entgegen zu steuern, greifen die Konsumenten zunehmend auf alternative Bezugskanäle wie das Internet und den Mass Market sowie zu verstärkter Selbstmedikation zurück. So ist für 52% der Konsumenten der Drogeriemarkt bereits heute der bevorzugte Ort zum Kauf rezeptfreier Medikamente. Allerdings: rezeptfreie Medikamente aus der Apotheke werden von 40% der Verbraucher als qualitativ hochwertiger eingeschätzt als vergleichbare Produkte aus dem Drogerie- oder Supermarkt. In einem erweiterten Serviceangebot sowie stetige Qualifizierung und Kompetenzsteigerung des Apothekenpersonals liegen noch ein wichtiges Differenzierungspotential für die Apotheker und Apothekenverbünde brach, das es in Zukunft besser auszuschöpfen gilt“, so Tobias Brodtkorb, Managing Partner und Autor der Studie. Immerhin hat dies auch die Mehrheit der befragten Apotheker erkannt: Nahezu die Hälfte der Apotheker (48%) bieten bereits in Ihrer Apotheke neue Serviceleistungen wie beispielsweise Präventionsprogramme an, 65% der Apotheker gehen davon aus, dass der Beratungs- und Servicegrad in der Apotheke in Zukunft weiter steigen wird.

Die Ergebnisse der Studie belegen auch, dass sich das Internet unter den Konsumenten für sensiblere und tendenziell beratungsintensivere Produkte wie Medikamente etabliert hat. Annähernd jeder zweite befragte Konsument hat bereits bei einer Versandapotheke bestellt und bescheinigte den Internetapotheken mit einer durchschnittlich hohen Zufriedenheit ein sehr gutes Zeugnis. Die höchsten Bekanntheitswerte unter den Versandapotheken erzielte DocMorris (62%).

Nur 34% der befragten Konsumenten kennen die zweitplatzierte Marke Sanicare. „Mit einem Siegeszug des Online-Retails und der allmählichen Änderung der Kaufgewohnheiten seitens der Konsumenten steigen auch die Chancen für alternative Vertriebsmodelle – auch im Healthcarebereich“, resümiert Tobias Brodtkorb. Entsprechend positiv schätzen auch 49% der Hersteller und 68% der Apotheker die Erfolgsaussichten von Online-Bestellplattformen wie dedendo.de oder ordermed.de als alternative Vertriebsform für Versandhändler und stationäre Apotheker ein.

Eine weitere Konsolidierung des Versandhandelsmarktes ist jedoch zu erwarten. 87% der Apotheker halten es für wahrscheinlich (davon 30% sogar als sehr wahrscheinlich), dass sich die Versandapothekenlandschaft weiter konsolidieren wird.

Die zukünftige Bedeutung des Versandhandels bleibt davon jedoch unberührt. Von den befragten Herstellern glauben 80%, dass sich die Bedeutung des Versandhandels auch weiterhin steigern wird. Als die am leistungsfähigsten Versandapotheken wurden von den Herstellern Apo-rot (Note 2,0), shop-apotheke (2,1) und Europa Apotheek (2,3) auf die ersten drei Plätze gewählt. Im Zusammenhang mit der Insolvenz rutschte Vorjahressieger Sanicare auf Platz 8 (Note 2,8 versus 1,8 in 2012) ab.

Ein konträres Bild ergibt sich bei der Befragung von Apothekern und Herstellern zu den Zukunftsaussichten von Apothekenverbünden: Nur noch 36% (versus 60% in 2012) der Hersteller sind der Meinung, dass die Bedeutung von Apothekenkooperationen in Zukunft weiter ansteigen wird. 85% der Apotheker gehen davon aus, dass Kooperationen weiter wachsen werden.

Langfristig werden nur wenige große Apothekenverbünde überleben, davon sind 87% der Hersteller überzeugt.
Hinsichtlich der Gesamtleistung der einzelnen Apothekenverbünde erhalten die easyApotheken von den Herstellern die Bestnote (2,8). Aus Herstellersicht sind easyApotheke auch führend bei Category Management, wenn auch gleichzeitig als die preisaggressivste Apothekenkooperation bewertet. Best Performer hinsichtlich Patientenberatung und Markenauftritt sind die Linda-Apotheken – so das Urteil der Industrie.

Im Rahmen der Studie wurden die Apotheker auch gebeten ihre Großhandelspartner zu bewerten. Im Vergleich zum Vorjahr zeigen sich die Apotheker mit den Service ihres Großhändlers zufriedener. Waren es in 2012 noch 73%, die angaben, mit dem Service ihres pharmazeutischen Großhändlers zufrieden zu sein, stieg die Zahl in diesem Jahr auf 95%. Dieses positive Stimmungsbild unter den Apothekern lässt sich u.a. auf die derzeit herrschende Rabattschlacht unter den Großhändlern zurückführen, denn die Apotheker brachten auch eine deutliche Steigerung hinsichtlich der Durchsetzung besserer Konditionen in den Vertragsverhandlungen mit dem Großhandel zum Ausdruck: 76% der Apotheker gaben an, bessere Konditionen mit dem Großhandel vereinbart zu haben - in 2012 bejahen dies nur 23%.

Seitens der Industrie wird der aktuell herrschende Preis- und Konditionenkampf unter den Großhändlern erwartungsgemäß problematischer eingestuft: 63% der Hersteller sehen aufgrund der aktuellen Situation ihr Direktgeschäft erschwert.

Einig sind sich Apotheker und Industrie bei der Bewertung der Gesamtleistung des Großhandels, den beide Seiten mit nur einem „befriedigend“ benoten. Neues Schlusslicht im Ranking der Hersteller bildet Hageda Stumpf (Note 3,4 versus 2,2 in 2012) während im Apothekerranking erneut der Großhändler Gehe mit der Note 3,8 (Vorjahresnote: 4,2) das unbefriedigendste Bewertung erzielte.


Der Autor dieses Artikels, Arnt Tobias Brodtkorb, ist geschäftsführender Gesellschafter der SEMPORA
Consulting GmbH. Sein Beratungsfokus liegt im Bereich Pharma und Healthcare.
Die vollständige Studie kann für eine Schutzgebühr von € 450,- von SEMPORA Consulting, Bad Homburg,
bezogen werden (www.sempora.com). Für die Presse sind weitere ausgesuchte Ergebnisse der Studie
kostenlos erhältlich.
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